Epilepsie beim Hund
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eher ein Phänomen als eine klar zu definierende Krankheit. Im Grunde weiß die Medizin nur in recht wenigen Fällen, was die Ursachen der Krampfsymptome eines Tieres oder Menschen sind. Epilepsie ist eine so genannte Ausschlussdiagnose, d.h. es wird auf einige bekannte mögliche Auslöser untersucht und wenn die alle ausgeschlossen werden können, dann nennt man die Erkrankung idiopathische (vererbt oder unbekannter Herkunft) Epilepsie.
Einige der in Frage kommenden Ursachen für die Krampfanfälle können Gehirntumore oder Vergiftungen sein, es kann sich um negative Folgen von Impfungen, verschleppte Infektionen oder schwerwiegende Stoffwechselstörungen handeln. Die Suche nach der Ursache ist oft langwierig und selten erfolgreich.
Woran erkenne ich einen epileptischen Anfall?
Man unterscheidet zwischen den großen, unübersehbaren Anfällen (Grand Mal) und den kleinen, unauffälligen Anfällen (Petit Mal). Der Grand Mal äußert sich in einem mehr oder weniger plötzlichen Umfallen des Hundes, das in Krämpfe übergeht, die entweder eine Steifheit und Streckung der Glieder (tonischer Krampf) oder ein unkontrolliertes Zucken, Zappeln und Treten (klonischer Krampf) darstellen.
Ein klassischer Grand Mal zeigt beide Formen des Krampfes hintereinander oder abwechselnd. Der Anblick eines Hundes im epileptischen Anfall ist schockierend und man hat beim ersten Mal den Eindruck, der Hund würde sterben. Neben den heftigen Krämpfen kann Kauen und Zähneklappern auftreten. Der gekaute Speichelt verursacht Schaum vor dem Fang. Es können unkontrolliertes Urinieren oder Kotabsetzen auftreten. Eventuell schnauft der Hund stark oder gibt merkwürdige Geräusche von sich. Tröstlich ist hier die Gewissheit, dass der Hund selbst seinen Anfall nicht bewusst erlebt. Epileptiker unter Menschen berichten, dass sie während der Anfälle bewusstlos sind und sich hinterher nicht daran erinnern. Nach wenigen Minuten klingt der Anfall in den meisten Fällen von allein wieder ab. Der Hund ist hinterher benommen, taumelt vielleicht etwas und läuft für einige Minuten vor Gegenstände. Etwas später ist er dann wieder ein ganz normaler Hund.
Die Petit Mals sind nicht so deutlich zu erkennen. Sie bezeichnen ein kurzes Weggetretensein für nur wenige Sekunden. Das fällt bei Hunden manchmal dadurch auf, dass sie „komisch“ gucken, mit leerem Blick irgendwo hin starren, oder sich vor etwas erschrecken, das definitiv nicht da ist.
Handlungsbedarf
Wenn Ihr Hund einen ersten Krampfanfall in Form eines Grand Mals hatte, dann bedeutet das noch nicht, dass er jetzt Epileptiker ist und bleibt. Sicherlich sind Sie sehr erschreckt und fahren schnell zum Tierarzt. Das ist auch gut, denn eventuell liegt dem Anfall eine akute Erkrankung zugrunde.
Überlegen Sie gut, ob Ihr Hund
- in den letzten Stunden vor dem Anfall (oder kontinuierlich über lange Zeit) Gift aufgenommen haben könnte (das können auch Medikamente sein, die er bekommen hat, oder ein bleiabsondernder Wassernapf),
- in den letzten Wochen einen Unfall hatte oder einen sehr heftigen Schlag auf den Kopf erlitten hat,
- vor kurzem geimpft wurde,
- vor kurzem eine Infektionserkrankung durchgemacht hat,
- evtl. eine Überdosierung an Antibiotika bekommen hat,
- in letzter Zeit verändert war, irgendwelche geistigen „Aussetzer“ hatte oder ein ungewöhnliches Verhalten gezeigt hat,
- in den letzten Wochen starkem psychischen Stress ausgesetzt war,
- in den letzten Wochen eine gravierende Veränderung in seinem Alltag hinnehmen musste.
Alle diese Angaben können dem Tierarzt weiter helfen!
Auf keinen Fall sollten Sie dem Hund schon nach dem ersten Anfall Antiepileptika verordnen lassen. Nach einem einzigen Anfall ist es viel zu früh, von einer dauerhaften Epilepsie auszugehen, denn nur dafür sind Antiepileptika gedacht. Es sollte auf jeden Fall ein Blutbild gemacht werden. Ein kleines „schnelles“, das der Arzt sofort in seiner eigenen Praxis auswerten kann und ein großes, das an ein Labor geschickt wird. Es ist wichtig, den Hund in der nächsten Zeit unbeeinflusst von Medikamenten zu lassen, um zu sehen, ob überhaupt weitere Anfälle auftreten. Denn bei einer großen Zahl von betroffenen Hunden ist der erste Anfall auch gleichzeitig der letzte.
Bei der Einschätzung einer epileptiformen Erkrankung ist es von entscheidender Bedeutung, wie häufig die Anfälle sind, wie lang die Abstände zwischen den Anfällen sind, an welchem Körperteil die Anfälle beginnen, ob die Heftigkeit variiert und ob die Anfälle Gemeinsamkeiten bezüglich der Tageszeit, der Ernährung, der Situation haben.
Sie müssen also vom ersten Anfall an ein Tagebuch führen. Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, sollte der Hund nicht allein gelassen werden. Einerseits um Anfälle beobachten zu können, andererseits damit sich der Hund im Anfall nicht verletzt. Falls Sie eine Digitalkamera mit Filmfunktion oder eine Videokamera besitzen, filmen Sie einen Anfall. Auch wenn Sie sich dabei sehr schlecht fühlen, kann es für die Diagnose und Behandlung entscheidend sein, den Film zu zeigen.
Was kann ich bei einem Anfall tun?
Das Beste, was Sie für Ihren Hund im Anfall tun können, ist einfach da zu sein. Sorgen Sie dafür, dass er sich in den Krämpfen nicht verletzt, d.h. polstern Sie seine Lage gegen harte Gegenstände mit Decken oder Kissen ab. Versuchen Sie bitte nicht ein „Beißholz“ oder etwas Ähnliches zwischen seine Zähne zu schieben. Früher wurde das empfohlen, damit der Hund sich nicht auf Lefzen oder Zunge beißt. Wenn der Anfall aber schon da ist, besteht durch den Versuch, das Holz ins Maul zu geben erst recht Verletzungsgefahr, weil sich die Kiefer im Anfall heftig bewegen.
Ändern Sie auch möglichst nicht die Lage des krampfenden Tiers, es sei denn, es besteht Verletzungsgefahr. Keinesfalls sollten Sie versuchen, durch Festhalten die starken Bewegungen zu verhindern. Sie müssen üben, die Dinge geschehen zu lassen, das hilft Ihnen und dem Hund. Seien Sie einfach da. Berühren Sie Ihren zappelnden Hund, legen Sie ihre Hände auf ihn und sprechen Sie mit ihm. Vielleicht dringt Ihre vertraute Stimme ja doch irgendwo in sein Bewusstsein. Versuchen Sie ruhig zu werden.
Wenn Ihr Hund aufwacht und Sie ihn ruhig wieder willkommen heißen, wird er wesentlich besser mit seiner Verwirrung fertig.
Es ist hilfreich, wenn Sie eine Sanduhr besitzen, die Sie zu Beginn eines Anfalls umdrehen können. Es ist nämlich wichtig, zu wissen, wie lang ein Anfall dauert. Zwar schaffen Sie es wahrscheinlich, zu Beginn eines Anfalls auf die Uhr zu schauen, aber Sie werden womöglich in der akuten Sorge um den Hund nicht in der Lage sein, sich die genaue Zeit zu merken.
Geben Sie Ihrem Hund nach den Anfällen die Möglichkeit, sich draußen zu lösen. Dadurch, dass die Körperfunktionen einige Minuten auf Hochtouren liefen, ist auch der Stoffwechsel beschleunigt worden und meist muss der Hund dann Kot absetzen. Lassen Sie ihn aber dabei auch auf vertrautem Terrain an der Leine, bis er wieder vollkommen klar und ansprechbar ist.
Viele Hunde haben nach dem Anfall großen Hunger (kein Wunder, wenn man bedenkt, wie viel Energie verbraucht wurde). Geben Sie dann ruhig außer der Reihe Futter, aber nicht zu viel auf einmal.
Was kann ich allgemein für meinen epileptischen Hund tun?
Lassen Sie ihn weiterhin Hund sein! Außerhalb der Anfälle ist er ein Hund wie jeder andere. Er muss nicht körperlich geschont, oder vor der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt bewahrt werden. Das einzige, was er nicht gebrauchen kann ist seelischer Stress, Druck oder Angst. Das bedeutet nicht, dass Sie ihm alles durchgehen lassen sollten. Es bedeutet nur, dass Sie ihn Ihren Erziehungsbestrebungen ruhig, souverän und konsequent sein sollten. Geben Sie Ihrem Hund das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
Sie sollten Ihren Hund auf jeden Fall auf getreidefreies Rohfutter umstellen. Getreide ist eins der Hauptallergene für Hunde und gehört nicht zu seinen natürlichen Nahrungsquellen. Leider bestehen fast alle Fertigfutter für Hunde zu einem hohen Prozentsatz aus Getreide. Es gibt immer mehr Fälle von epileptischen Hunden, die durch konsequent getreidefreies Futter drastisch weniger oder sogar gar keine Anfälle mehr haben. Aber auch abgesehen von Epilepsie ist eine Rohfütterung der Gesundheit des Hundes sehr zuträglich. www.gesundehunde.com.
Medikamente?
Die Schulmedizin behandelt Epilepsie mit so genannten Antiepileptika. Das sind recht starke Medikamente, die dämpfend auf den Patienten wirken. Wenn das Medikament richtig dosiert ist, stellt sich eine Anfallsfreiheit ein. Die richtige Dosierung bedeutet: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Zunächst muss mit einer mehrwöchigen, regelmäßigen Gabe ein bestimmter Wirkstoffspiegel im Blut des Patienten erreicht werden. In der Zeit können noch Anfälle auftreten. Dann wird die Dosis variiert, bis mit der niedrigstmöglichen Gabe eine Anfallsfreiheit bewirkt werden kann.
Es gibt eine ganze Anzahl verschiedener Antiepileptika, die alle etwas voneinander abweichend auf verschiedene Erscheinungsformen der Epilepsie wirken. Bei Menschen wird sehr lange und sorgfältig getestet, welches Mittel das passende ist. Bei Haustieren wären solche Tests extrem aufwändig und auch dadurch erschwert, dass das Tier nicht sagen kann, wie es ihm geht. Deshalb wird in den allermeisten Fällen von Epilepsie bei Hunden das Mittel verschrieben, das relativ viele Formen der Epilepsie abdeckt: Luminal. Leider ist Luminal auch das Mittel mit den schwerwiegendsten Nebenwirkungen. In der Humanmedizin wird es deshalb nur ungern oder als letzte Wahl eingesetzt.
Die Erfahrung zeigt, dass zahlreiche epileptische Hunde (und Menschen) nach einigen Monaten oder Jahren, in denen sie mit Antiepileptika anfallsfrei geblieben sind, plötzlich sehr schwerwiegende Anfälle bekommen, die nicht mehr auf das Mittel ansprechen. Es muss also damit gerechnet werden, dass die Medikamente nur für eine Zeit die Anfälle unterdrücken. Antiepileptika können Epilepsie nicht heilen.
Eine traurige Nebenwirkung von Antiepileptika ist eine starke Gemütsdämpfung und häufig sogar Wesensänderung. Man erkennt unter Umständen seinen eigenen Hund nicht wieder. Auch Menschen, die solche Medikamente nehmen, berichten, dass sie eine Persönlichkeitsveränderung an sich wahrnehmen. Viele ziehen es deshalb sogar vor, ihre Anfälle zu haben, und setzen die Medikamente ab.
Antiepileptika sind also eine vorsichtig zu handhabende Behandlung, über deren Auswirkungen man sich klar sein sollte. Auch die körperlichen Nebenwirkungen ziehen nach längerer Gabe weitere ärztliche Behandlungen nach sich, da zum Teil neue Erkrankungen durch die Medikamente verursacht werden.
Neben der Umstellung auf getreidefreies Frischfutter kann auch eine klassisch homöopathische Behandlung versucht werden. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen bei Menschen und Tieren durch klassische Homöopathie Epilepsie deutlich gebessert oder in manchen Fällen sogar geheilt wurde. Wichtig ist nur, nicht irgendeinen Tierheilpraktiker aufzusuchen, sondern sich zu vergewissern, dass der Therapeut eine mehrjährige Ausbildung allein in klassischer Tierhomöopathie absolviert hat. Viele Tierärzte folgen den Zeichen der Zeit und bieten in ihrer Praxis homöopathische Komplexmittel an. Das ist keine Form der Homöopathie, die imstande ist, eine Epilepsie zu heilen!
Es ist sehr schwer, als Hundehalter ohne medizinisches Wissen die richtige Entscheidung für sein an Epilepsie erkranktes Tier zu treffen. Sehr hilfreich ist dabei, sich über andere Betroffene (z.B. im Internet) zu informieren und dabei in alle Richtungen offen zu sein. Sehr gut ist es auch, Bücher über Epilepsie zu lesen, die von dieser Krankheit betroffene Menschen geschrieben haben. Das Wichtigste ist aber, dass Sie ihrem Hund treu bleiben, egal wie es ihm geht. Schenken sie ihm ein frohes Leben, das ruhig ab und zu von einem Anfall unterbrochen sein kann. Das Leben eines Epileptikers ist absolut lebenswert, - treffen Sie keine vorschnellen Entscheidungen!
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Dienstag, 18. November 2008
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